Rheinmetall entwaffnen – Auf nach Köln!
Wir als Queer & Revolutionär möchten euch dazu aufrufen, vom 26.bis 31. August nach Köln zu kommen und an den Aktionen und der Demonstration des Rheinmetall Entwaffnen-Bündnisses teilzunehmen. Das Rheinmetall Entwaffnen – Bündnis organisiert regelmäßig Protestcamps (2024 Kiel, 2022 Kassel,…), bei denen auf der einen Seite aktiv antimilitaristischer Widerstand geleistet wird, gleichzeitig stellt das Camp ein Ort dar, an dem sich die revolutionäre Bewegung versammelt und diskutiert.
Jetzt wurde das Camp relativ kurzfristig von der Kölner Polizei verboten. Das zeigt klar die Gefahr, die für den deutschen Staat und seinen imperialistischen Interessen ausgeht, wenn sich eine stark anwachsende Antikriegsbewegung bildet, die zum einen die wackligen Narrative entkräftet, die zur Rechtfertigung dieser Aufrüstung genutzt werden und außerdem aktiven Widerstand gegen diesen Kurs und involvierten oder profitierenden Parteien und Unternehmen leistet. Wir werden selbstverständlich vom 26.-31. August trotzdem in Köln diesen Widerstand zeigen. Wie das genau passieren wird, erfahrt ihr auf Kanälen des Rheinmetall Entwaffnen Bündnisses und vor Ort. Falls es zu einem Camp kommt, dann findet ihr uns und unsere Materialien beim revolutionären Barrio.
Doch warum rufen gerade wir, als Queer & Revolutionär dazu auf? Warum wir uns als Queers gegen die Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen stellen sollten, wollen wir im folgenden Text darlegen.
Der wichtigste Punkt, den wir auch nie aus den Augen verlieren dürfen ist der, dass wir von einem kapitalistischen Staat regiert werden und daher in einer Klassengesellschaft leben. Deshalb werden Krieg, Aufrüstung und Imperialismus niemals in unserem Interesse geführt, sondern immer im Interesse der herrschenden Klasse. Kapitalistische Staaten haben uns Krieg schon immer versucht so zu verkaufen, dass er irgendwie in unserem Interesse ist, aber Früchte haben diese Argumente für uns noch nie getragen. Und da wir im Kapitalismus leben, sind die wahren Gründe für Aufrüstung und Krieg letztendlich immer ökonomischer Natur. Selbst wenn es primär um die Kontrolle, Schwächung oder Ausdünnung eines Gebiets, Staats oder Volkes geht, dann geht es dabei nur um die Kontrolle des lokalen Marktes, die Ausbeutung der sich dort befindenden Ressourcen oder Menschen oder um die Stabilisierung und Sicherung des kapitalistischen Systems. Doch als herrschende Klasse ist es nicht möglich eine Militarisierung oder kriegerische Handlungen durchzuführen, wenn die Masse der Bevölkerung nicht dahintersteht. Also wird versucht diese Dinge unserer Klasse schmackhaft zu machen mit Argumenten wie „Man würde Terroristen bekämpfen“, „Die anderen haben zuerst geschossen“ oder „Wir versuchen unsere Demokratie zu verteidigen“. So auch die Presseabteilung von Rheinmetall: „Mit Produkten für die Sicherheitsvorsorge leistet Rheinmetall in Deutschland einen relevanten Beitrag dazu, ebendiese freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen.“
Besonders das letzte Argument, es würden nur die Demokratie und Menschenrechte verteidigt werden ist momentan immer weniger glaubhaft. Auf der einen Seite findet in Deutschland und im gesamten ‚demokratischen Westen‘ ein autoritärer Staatsumbau statt: Die Meinungsfreiheit (besonders präsent bei Palästina-Parolen) und das Versammlungsrecht werden immer weiter eingeschränkt. Politischen Gruppen, die in Opposition zu diesem Kurs der BRD stehen, erfahren immer mehr Repressionen oder werden schlichtweg verboten. Die ‚Verteidigung von Menschenrechten‘ lässt sich ebenfalls weniger verkaufen, wenn dieser Staat sehr offensichtlich einer der Hauptverantwortlichen für den G*nozid in Gaza ist.
Zusammen mit der ‚Verteidigung von Menschenrechten‘, wird oft von Parteien, wie der SPD oder den Grünen argumentiert, man würde mit der eigenen Aufrüstung oder den Massakern in Palästina irgendwie queere Rechte verteidigen. Selbst der rechte Premierminister Israels (und langer Partner Deutschlands) Benjamin Netanyahu vergleicht die Bewegung ‚Gays for Gaza‘ mit ‚Chickens for KFC‘. Nicht nur, dass der Spruch allein schon queerfeindlich ist, der einzige Zweck dieser Propaganda ist es seinen V*lkerm*rd zu rechtfertigen. Vielmehr nutzt Israel queere Menschen und ihre Situation in Gaza aus, indem sie queere Menschen erpressen sie zu outen, und zwingt sie, Informationen für sie zu beschaffen. Außerdem entschuldigt das diesen V*lkerm*rd in keinem Sinne, er macht das Leben unserer palästinensischen queeren Geschwister in irgendeinem Sinne besser.
In Deutschland fruchtet dieses Argument im Bezug auf die Aufrüstung ebenso wenig. Dabei wird oft das Drohszenario von Russland und dem queerfeindlichen Putin aufgemacht. In vielen Fällen mag das tatsächlich stimmen, dass unter einer russischen Besatzung unsere Rechte weiter eingeschränkt werden. Auf der einen Seite sieht der Kurs der BRD aber so aus, dass unsere Rechte auch unter dieser Regierung eingeschränkt werden. Und trotzdem müssen wir es als das sehen, was es ist: Rechtfertigungen, damit ihre (grausamen) imperialistischen Handlungen auf nicht so viel Widerstand stoßen. Befreien wird uns dieser Kriegskurs nie, das können wir nur selbst.
Doch so wichtig die Erkenntnis ist, dass uns Krieg und Aufrüstung nur Schaden, so wichtig ist zu verstehen, warum unsere herrschende Klasse diesen Kriegskurs fährt und was sie sich davon erwartet.
„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“ – Jean Jaurès
Durch den eskalierenden Krieg in der Ukraine 2022 hat sich für Deutschland viel geändert: Wichtige Sektoren der deutschen Wirtschaft stagnieren immer weiter (besonders die Automobilindustrie), gleichzeitig basiert ein Großteil der deutschen Wirtschaft auf der Ausbeutung osteuropäischer Länder. Dass eben ein großer Teil dieses auszubeutenden Gebiets, nämlich die Ukraine, versucht wird aus deutscher/westlicher Kontrolle zu reißen, stellt für große Teile der deutschen Wirtschaft eine immense Gefahr dar. Deshalb war auch die direkte Reaktion der damaligen Ampelregierung ein riesiges Aufrüstungspacket innerhalb weniger Tage zu verabschieden. Seitdem wurde auch versucht den Diskurs gegenüber Russland zu ändern und das Land wurde als Hauptfeind Deutschlands erklärt. Selbstverständlich verlief der Diskurs nicht darüber, dass man die Ukrainer:innen lieber selbst ausbeuten würde, anstatt sie dem russischen Markt zu überlassen. Es wurde lieber um die ‚demokratische Integrität‘ der Ukraine gesprochen. Dass die Ukraine selbst in diesem Prozess zu einem autokratischen Staat wird und Kriegsgegner:innen entweder ins Gefängnis oder an die Front schickt, das wird im deutschen Diskurs gern ignoriert. Sogar in Deutschland werden Pro-Russische Medien verboten und gegen das internationale linke Medienportal Red.Media lief in Deutschland eine große Hetz- und Desinformationskampagne, die letztendlich zur Schließung des Portals führte. Wohl angemerkt nicht, wegen Pro-Russischer Inhalte, sondern weil es regelmäßig die Rolle des deutschen Imperialismus in der Ukraine und Palästina aufdeckte.
Deutschland hatte sich vor allem nach der 68er Bewegung und dem Vietnam Krieg als eine friedensstiftende Demokratie inszeniert und war an imperialistischen kriegerischen Auseinandersetzung meist nur in dem Sinne beteiligt, dass sie Gruppen und Staaten finanzierten, die sie bei ihren imperialistischen Interessen unterstützten. Das funktioniert aktuell nicht mehr und auch das Bild der ‚friedensstiftenden Demokratie‘ lässt sich spätestens seit Gaza nicht mehr gut verkaufen. Die BRD steht momentan unter immensem Druck und droht ihre Stellung an der globalen wirtschaftlichen Spitze zu verlieren. Diese Stellung ist die herrschende Klasse aber bereit mit allem zu verteidigen, zur Not mit Krieg. Deutschland bereitet sich mit der Aufrüstung also nicht darauf vor uns und unsere Rechte zu verteidigen, sie setzten die deutschen Kapitalinteressen durch – egal auf welchem Weg.
Warum gerade als Queers gegen Krieg?
Kein Krieg auf der Welt ist in unserem Interesse, wir, als größte Mehrheit der Bevölkerung, als arbeitende Klasse, können an ihnen nichts gewinnen. Sie bringen uns im Gegenteil nur Tod und Verderben. Dieses Klasseninteresse ist und muss der Hauptgrund für unseren Widerstand gegen diesen Kriegskurs sein. Wir sind aber eine queere Gruppe und wollen deshalb Krieg, Kriegsvorbereitungen und die aktuelle Verschärfung einmal aus queerer Perspektive betrachten, was diese Entwicklungen für uns bedeuten könnten.
Damit die BRD wieder Kriegstüchtig wird, braucht es nicht nur sämtliche Rüstungsgüter, es braucht auch eine personenstarke Armee. Die Bundeswehr verkörpert, wie viele andere Armeen kapitalistischer Länder, viele Patriarchale Normen und Extremen. Wenn wir uns patriarchale Normen ansehen und die Kernfamilie als Produkt dessen, erkennen wir, dass in kapitalistischen Produktionsverhältnissen die Arbeit häufig nach Geschlecht differenziert wird (z. B. körperlich schwere Tätigkeiten für Männer, administrative Rollen für Frauen). Das Militär übernimmt diese Trennung und institutionalisiert sie weiter, weil es auf physische Stärke und „Kampfbereitschaft“ – stereotyp männliche Eigenschaften – setzt. Die Konstruktion des „soldatischen Mannes“ (tapfer, unnachgiebig, bereit zu opfern) wird genutzt, die Bevölkerung hinter dem Krieg zu vereinen, um Soldaten zu motivieren und den Sinn ihres Handelns und die dahinter stehenden Verhältnisse in den nicht mehr wirklich zu hinterfragen. Frauen werden dabei häufig als „zu schützen“ oder als „nicht kampffähig“ definiert, wodurch geschlechtsspezifische Hierarchien zementiert werden. Da für eine starke Armee dieses patriarchale Selbstbild fundamental ist, wird also versucht in der gesamten Gesellschaft diese Geschlechterbilder wieder zu stärken.
Besonders mit der stagnierenden Wirtschaft und den Milliarden, die in Aufrüstung gesteckt werden, macht der Staat an vielen verschiedenen Stellen Abstriche mit dem Argument, dass wir eben aufrüsten müssten. Diese Abstriche finden momentan hauptsächlich auf finanziellem Weg statt (Rente, Bürgergeld,). In Berlin wurde vor wenigen Monaten ein riesiges Kürzungspacket auf den weg gebracht, welches über 600 soziale Projekte die Gelder kürzen soll. Da queere Menschen verstärkt in prekären Verhältnissen leben, betreffen solche Kürzungen uns besonders. Auch wenn es bisher hauptsächlich die ökonomischen Verhältnisse betrifft, es wird nicht lange dauern, bis verschiedene feministische und queere Errungenschaften zurückgenommen werden mit der Entschuldigung der Kriegstüchtigkeit. Artikel 9 im Selbstbestimmungsgesetz war hierbei nur der Anfang.
Momentan können wir beobachten, dass Queerness besonders Parteien, wie der SPD und Grünen als Ausrede für Imperialistische ‚Handlungen‘ dient, am besten sehen wir das in China, Russland und Gaza. Da dies in den meisten Fällen ihre einzige Ausrede ist, versuchen sie ihr Bild von queerfreundlichen und progressiven Parteien und Kräften nicht zu gefährden und propagieren es regelmäßig.
Dass dabei wenig dahintersteht, sehen wir praktisch an der SPD, die mit der CDU das Selbstbestimmungsgesetz „prüfen“ wollen, was vermutlich mindestens auf eine Änderung, wenn nicht auf eine Streichung des Gesetztes hinausläuft. Wir sehen also, dass selbst diese Parteien momentan schon ihre Positionen zu verändern versuchen, ohne aber ihren progressiven Anstrich zu verlieren. Doch selbst das wird sich mit zunehmender Regierungsbeteiligung rechter Parteien stark ändern.
Mit dem aktuellen Stand und der öffentlichen Präsenz queerer Menschen, kann eine imperialistische Macht keinen großen Krieg führen. Doch da die Notwendigkeit zumindest grundlegender homo- & bisexueller Rechte relativ weit verbreitet ist, bedarf es massiver Hetzkampagnen und staatlicher Verfolgung, um bestimmte patriarchale Verhältnisse wiederherzustellen. Unter anderem dient das der Disziplinierung unserer Klasse und der vermehrten Organisierung der Reproduktionsarbeit (Z.b. Sorgearbeit) in der Kernfamilie. Für eine Kriegswirtschaft ist die Produktivität und Verwertungsfähigkeit der arbeitenden Klasse essentiell. Wenn sie in der bürgerlichen Kernfamilie (Vater-Mutter-Kinder) organisiert ist, lässt sie sich leichter ausbeuten. Gleichzeitig erzeugt die Kernfamilie und insgesamt cis-heterosexuelle Beziehungen eine höhere Geburtsrate. Die wird auf der einen Seite gebraucht um weiter Arbeiter:innen für eine funktionierende Wirtschaft zu generieren und auf der anderen Seite werden neue Soldaten für eine große Armee gebraucht.
Also neben den sehr offensichtlichen Gründen gegen die Kriegswirtschaft der BRD vorzugehen kommt noch der Fakt, dass wir als queere Menschen schon unter den Kriegsvorbereitungen vermehrt leiden werden. Ein queerer Befreiungskampf mit wirklicher Perspektive ist immer antikapitalistisch und muss mit voller Kraft gegen jegliche Kriegsvorbereitungen der herrschenden Klasse kämpfen.
In diesem Sinne:
Krieg dem Krieg
Am 26. Bis 31. August:
Auf nach Köln
